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27. April 2022

Das große Frühjahrsinterview

Mit Stefan Grimm und Sebastian Grimm. CombiPlus- und Combi-Connect – 30 Jahre Vorreiter in der Software-Entwicklung für das Kfz-Sachverständigenwesen und professionelles Schadenmanagement – Teil 2.

Das Gespräch mit Stefan Grimm und Sebastian Grimm führte Katja Lafferenz, Leitung Marketing CombiSystems am 11.04.2022 online.

Katja Lafferenz: Guten Tag die Herren. Im Rahmen unser „30-Jahre Effizienz-Kampagne“ wollen wir mit dem heutigen Gespräch da ansetzen, wo unser Sommerinterview 2021 mit dem Firmengründer und eurem Vater Bodo Grimm geendet hat, Teil 2 sozusagen. Meine erste Frage lautet: Wie seid ihr zu CombiPlus bzw. Combi-Connect gekommen? 

Stefan Grimm: Bei mir kam der Impuls schon sehr früh, mit 12 Jahren. An einem Samstag saß ich im damaligen Büro meines Vaters in einem Altbau der Marktstraße in Winnenden. Die Sonne schien zum offenen Fenster herein und mir war klar: hier möchte ich auch arbeiten. Also diese Art der unternehmerischen Arbeit, wie sie mein Vater verkörpert hat. Schwerpunkt waren damals noch Inkasso-Dienstleitungen, und meine Arbeit bestand darin, u.a. Ordnerrücken zu beschriften. Unzählige Damen tippen noch Rechnungen per Hand ein. Gleichzeitig wurden bereits Akten eingescannt, damit Daten digitalisiert werden konnten. Unser Opa zeigte mir wie man den Microfiche Scanner bedient. Das Thema Arbeitserleichterung durch Elektronik und Digitalisierung war damals bereits ein großes Thema bei meinem Vater. Nach diesen ersten Erfahrungen habe ich eine Lehre als Industriekaufmann absolviert und bin dann Mitte der 1990er Jahre bei meinem Vater eingestiegen.

Katja Lafferenz: Wie kann man sich das Arbeiten oder besser das Einarbeiten in der ersten Zeit vorstellen?

Stefan Grimm: Berufserfahrungen sammeln konnte ich vor allem durch Praktika bei entsprechenden Partnerfirmen meines Vaters. Prägend für mich war die Tätigkeiten bei einem Inkasso-Anwalt. Dort habe ich gelernt, wie das Mahn- und Inkassogeschäft funktioniert und ich bin auch oft mit zu den Klienten der Anwaltskanzlei rausgefahren – im Auto meines Vaters übrigens, einem BMW 850. Nach diesen Erfahrungen sollte ich in das Kfz-Sachverständigenwesen hineinwachsen. Das Sachverständigenbüro befand sich in Norddeutschland nahe Hamburg. Das war um 1996. Die Strecke hoch und runter durch Deutschland habe ich mit meinem BMW 318 i Cabrio zurückgelegt – in Cowboystiefeln übrigens.

Katja Lafferenz: Das hätte ich sehr gerne miterlebt, ich kann es mir aber auch lebhaft vorstellen. Und was hast du konkret gelernt und mitgenommen aus dieser Phase?

Stefan Grimm: Schon damals war das große Thema in diesem Sachverständigenbüro: Wie lässt sich das Gutachten schnellstmöglich bearbeiten und fertigstellen? Beispielsweise wurden Fotos von Kfz-Unfällen damals noch mit Fotoecken auf die Akten angebracht – nachdem sie aus dem Fotolabor entwickelt wurden. Das dauerte alles noch richtig lange. In diesem Büro wurden daher Polaroidfotos verwendet, die unmittelbar in die Akten eingeklebt werden konnten. Das brachte enorme Zeitvorteile, hatte aber den Nachteil, dass diese Polaroidfotos im Bedarfsfall nicht vervielfältigt werden konnten. Also mussten neue Lösungen her – digitale Lösungen. Erste Fotodrucker zum Fotos ausdrucken kamen zum Einsatz – so ging das mit der Digitalfotografie los.

Katja Lafferenz: Was war dann der nächste Schritt?

Stefan Grimm: Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die lebenslange Motivation meines Vaters „Arbeitserleichterung für Kunden“ ebenfalls verinnerlicht und war nicht mehr zu bremsen. Zurück aus dem Sachverständigenbüro, stieg ich in die CombiPlus Vertriebstätigkeit ein. Ich wollte raus zu den Kunden, vor Ort verstehen, wo den Gutachtern der Schuh drückt. Ich erinnere mich genau an ein Sachverständigenbüro in Rostock und auch in Greifswald, also auch alles andere als in meiner unmittelbaren Nähe. Heute kann ich das ja sagen, aber damals habe ich zu dem Kunden gemeint, ich sei ohnehin in der Nähe, es sei kein Problem kurz vorbeizukommen. Also bin ich von Winnenden hoch nach Rostock gefahren, bin in einem kleinen Hotel abgestiegen und dann wieder zurück. 120.000 Kilometer im Jahr waren keine Seltenheit für mich. Und das alles in meinen Cowboyschuhen – nein Spaß. Aber das im besten Sinne Normale und Unverstellte im Umgang mit unseren Kunden hat mir schon immer gefallen. Ich konnte so auftreten, wie ich bin, ohne mich verstellen oder verkleiden zu müssen. Einmal probierte ich einen Anzug bei einem Kundentermin aus – ich wäre fast nicht hereingelassen worden, da mich niemand erkannte und alle dachten, ich will irgendetwas „abdrücken“. Meine leidenschaftliche Kundenorientierung ist bis heute mein Antrieb. Nur legt man eben heute nicht mehr ganz so viele Kilometer auf der Straße zurück, sondern verbringt seine Zeit oft auch in Netzwerken und sozialen Medien online. Wobei dadurch ja nur ein erstes Abtasten möglich ist. Nichts ersetzt daraufhin den persönlichen Kontakt und Austausch mit Partnern und Kunden.

Katja Lafferenz: Sebastian, wie war das bei dir? Oftmals sind Brüder ja grundverschieden, es würde mich nicht wundern, wenn der Einstieg bei dir anders verlief?

Sebastian Grimm: Im Gegensatz zu meinem Bruder habe ich von der Arbeit meines Vaters in meiner Jugend bis ins Erwachsenenalter nichts mitbekommen. Ich hatte weder Ahnung von Inkasso noch von Computern und auch Autos ließen mich kalt. Was mich begeistert hat war damals bereits solides Handwerk. Etwas produzieren, fertigen das einen praktischen Nutzen hat. So kam ich zu meiner Ausbildung zum Zentralheizung- und Lüftungsbauer. Das habe ich gelernt. Im Zuge einer Weiterbildung zum technischen Fachwirt hat mich mein Bruder gefragt, ob ich nicht bei CombiPlus mithelfen möchte, da so viel Arbeit anfallen würde. Ich wollte mich damals ohnehin neu orientieren und so habe ich zugesagt. Das war im Jahr 2008. Ich durchlief verschiedene Abteilungen wie Buchhaltung und den Vertrieb und habe längere Zeit in der Hotline gearbeitet. Das war mir aber auf Dauer zu intensiv, da die Materie und auch die Problemstellungen unserer Kunden teilweise sehr komplex sind.

Katja Lafferenz: Du sprichst es an, ich stelle mir der Schritt aus dem reinen Handwerksberuf in ein Softwareunternehmen herausfordernd vor. Wie hast du reingefunden?

Sebastian Grimm: Mir war früh klar, wie wichtig es ist, unsere Prozesse transparent zu machen. Zum einen natürlich, damit der Kunde ein erstklassiges Produkt erhält – vor allem jedoch, damit wir intern besser verstehen, was wir tun und wie wir es tun. Eines Tages, es muss im Jahr 2009 gewesen sein, traf ich in Winnenden unseren heutigen Grafiker und wir kamen ins Gespräch darüber, was Design, Gestaltung und Kommunikation leisten können. Daraufhin dämmerte mir, dass es neben der Entwicklung von guter, schneller, einfach zu bedienender Software ebenso wichtig ist, diese den Kunden auch gut, schnell und einfach zu erklären. In diesem Zuge entstanden die ersten Datenblätter, Produktbroschüren, -flyer und sogar Erklärvideos, wie im Schadenmanagement alles zusammenspielt etc.

Katja Lafferenz: Das klingt nach richtig viel Arbeit – aber auch nach einem guten Weg, in die Materie vorzudringen, oder?

Sebastian Grimm: Allerdings. Wir saßen oft nächtelang in der Firma vor unseren Anwendungen zusammen und haben uns über neue Designs von myconnect unterhalten. Fachlich lief das alles schon gut und korrekt – aber optisch stimmte es noch nicht. Erste grafische Bedienoberflächen entstanden. Dadurch wurde es für die Kunden immer einfacher und schneller mit der Anwendung zu arbeiten. Gleichzeitig verstanden wir immer besser, wie wir die Anwendung qualitativ noch weiter optimieren können. Denn wir bekamen immer mehr Kundenfeedback mit Wünschen und weiteren Anforderungen. Eine unglaubliche Dynamik kam damals in Gang. Ein weiterer großer Schritt in den letzten Jahren war für uns die Entscheidung zur Nutzung der Microsoft Azure Cloud mit allen Vorteilen für unsere Kunden.

Katja Lafferenz: Im Gespräch mit deinem Vater Bodo Grimm kam zur Sprache, wie schwierig es war, qualifizierte Entwickler zu finden. Wie lief das bei euch beiden dann?

Sebastian Grimm: Das ist glaube ich eine generelle Herausforderung in der Softwarebranche. Ohne die entsprechende Unterstützung neuer Mitarbeiter in der Software-Entwicklung und im Bereich Internet sowie der permanenten Verbesserung unserer eigenen Prozesse wäre das nicht gegangen. Wir hatten das Glück, zur richtigen Zeit die richtigen Mitarbeiter zu treffen. Wir Grimms haben da einfach das Glück auf unserer Seite. Auch vom Alter her hat das alles gepasst. Dadurch kam es auch zu kontinuierlichen internen Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen in unserem gesamten Team. Produkte wie myConnect waren dadurch immer ausgereifter und gingen in den Vertrieb zu Versicherungen. Neue Produkte wie das Massenschadenportal entstanden. Immer mehr fügte sich zusammen und passte. Als gelernter Heizungsbauer freue ich mich darüber, wenn selbst komplexe Produkte wie Software-Anwendungen und Prozesse stabil laufen und einen klaren praktischen Kundennutzen bringen. So wie eine Heizung eben.

Katja Lafferenz: Könnt ihr an diesem Punkt kurz erzählen, wie es aus CombiPlus heraus zu der Gründung von Combi-Connect gekommen ist?

Sebastian Grimm: CombiPlus musste Anfang der 2000er Jahre bereits sehr viele Informationen und Daten verarbeiten. Ich glaube meinen Vater hat das auch erwähnt im Gespräch, dass es aus verschiedenen Gründen nicht mehr sinnvoll war, alles über eine einzige Firma zu leisten. Eine gewisse Neutralität war angebracht und so wurde 2003 Combi-Connect gegründet, die sich zukünftig um den elektronischen Datenversand nach dem GDV-Schema und allen damit zusammenhängenden weiteren Dienstleistungen kümmern sollte. Inzwischen wachsen die Leistungen und Produkte von CombiPlus und Combi-Connect immer mehr zusammen zu Gesamtleistungen aus einer Hand. Es wird für uns beide zunehmend komplizierter, unseren Kunden und Partnern das alles zu kommunizieren, daher auch der Schritt hin zu CombiSystems.

Katja Lafferenz: Nachdem wir jetzt erfahren haben, wie jeder von euch ins eingestiegen ist, würde mich interessieren, was ihr zum jetzigen Zeitpunkt – in der Gegenwart angekommen – als die entscheidenden Anforderungen bzw. Erfolgsfaktoren seht?

Stefan Grimm: Für mich sind die damaligen Erfolgsfaktoren auch heute aktuell und wahrscheinlich auch in Zukunft anwendbar. Das wird mir durch das Gespräch hier gerade erst so richtig bewusst. Für mich ist die entscheidende Erfahrung der Kundenkontakt im Vertrieb, draußen beim Kunden. Vor allem, wenn man, wie wir die Produkte entwickelt hat und nun überprüft, wie sie ankommen, funktionieren, die Arbeit tatsächlich erleichtern. Wir haben diesen Kundenkontakt und -austausch beide von Anfang an forciert und machen das heute noch viel bewusster. Denn darauf will ich hinaus: Für mich ist ein ganz großer Erfolgsfaktor, dass wir unsere Kunden und ihre Anforderungen genau verstehen, die Welt bzw. die Welten in der sie arbeiten. Wir von CombiSystems verfügen über eigene jahrzehntelange Entwicklungs- und Vertriebserfahrung. Gerade in dieser vermeintlich schnelllebigen Zeit der Digitalisierung mit hochtechnologischen Produkten ist der persönliche Kontakt, der menschliche Faktor, enorm wichtig. Beides, Technologie und Mensch verbinden wir im Unternehmen jeden Tag aufs Neue – als Unternehmer und Geschäftsführer, im Vertrieb, im Marketing, in der Buchhaltung, auf unseren Schulungen, in Netzwerken und natürlich in unserer persönlichen Hotline.

Sebastian Grimm: Was mein Bruder Stefan sagt, würde ich auch für mich unterstreichen: Alles was uns bis hierhergebracht hat, ist noch in viel stärkerem Maße aktuell und bestimmt auch in Zukunft erfolgsentscheidend. Neben dem Vertrieb und dem persönlichen Kundenkontakt ist mir durch das Gespräch hier aufgefallen, wie entscheidend eine Sache bislang gewesen ist: Das Produzieren von Qualität und das Verbessern von Qualität. Und zwar auf ganzer Linie. Mitarbeiter, Produkte, Prozesse, Kommunikation. Das alles haben wir im Laufe der Jahre kontinuierlich verbessert. Wir sind gewachsen, haben uns „gesundgeschrumpft“, wenn man so will, sind wieder gewachsen, haben uns weiterentwickelt, und wir haben immer wieder neue Prioritäten gesetzt. Einmal damit begonnen, lässt sich das auch nicht mehr zurückdrehen. Da ist man dabei. Und es gibt immer wieder Entwicklungsstufen in diesem Prozess.

Wenn Produkte und Leistungen ausgereift sind, entwickeln wir neue. Wenn langjährige wichtige Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, dann müssen wir neue gewinnen. Und wenn es darum geht, mit unseren Kernkompetenzen neue Geschäftsfelder zu erschließen, dann werden wir das tun. Qualität ist kein Zustand, Qualität ist ein permanenter Prozess und kennt keine Kompromisse. Das Produzieren und Verbessern unserer Qualität auf allen Ebenen war und ist für mich ein wichtiger Erfolgsfaktor.

Katja Lafferenz: Nach der Vergangenheit und den aktuellen Herausforderungen würde mich noch ein kurzer Blick in die Zukunft interessieren. Was bedeuten Entwicklungen wie künstliche Intelligenz (KI), autonomes Fahren oder veränderte Naturphänomene wie zunehmende Unwetter etc. für das Schadenmanagement und das Sachverständigenwesen?

Sebastian Grimm: Sowohl KI als auch autonomes Fahren sowie die veränderten und unberechenbareren Naturgewalten werden auf unsere Mobilität und speziell das Autofahren Auswirkungen haben, keine Frage. Ich denke jedoch, dass es für uns in Deutschland alles etwas langsamer geht als im Ausland. Natürlich werden wirtschaftlich unruhige Zeiten für eingeschränkteren Verkehr sorgen, jeder überlegt sich zweimal, wohin und wie oft das Auto benutzt werden soll. Allerdings: dass alles benötigt uneingeschränktes Internet überall, KI und autonomes fahren sind höchst anspruchsvoll. Und daher erscheinen mir 10-12 Jahre vorstellbar, bis es da flächendeckende Veränderungen geben wird.

Stefan Grimm: Offen gesagt, manchmal ist es schon gut, dass es künstliche Intelligenz gibt – denn ab und zu lässt mir die menschliche Intelligenz schwer zu wünschen übrig. Aber ernsthaft: Für mich sind zukünftig bei Unfällen ausgefeilte Crash-Sensoren entscheidend. Im Moment des Unfalls weiß jeder sofort was passiert ist. Ich hatte da ein Erlebnis. Ich saß vor kurzem in der Küche und habe gerade ein Bierchen getrunken, als ein Anruf kam, teils französisch, teils englisch... die Stimme an der anderen Leitung meinte, ich hätte ja gerade ein Unfall gehabt. „Nein, ich nicht“, sagte ich daraufhin und fuhr fort: „jemand hat wohl mein altes Auto gekauft und muss damit jetzt im Ausland einen Unfall gebaut haben“. Das zum Thema Sensoren – und zum Thema Datensicherheit.
Es ist doch so: wenn autonomes Fahren kommt, dann muss jeder Verkehrsteilnehmer ein autonomes Fahrzeug haben, oder? Wenn da nur ein paar „normale“ Fahrer unterwegs sind, funktioniert das nicht. Also ich denke auch, das dauert noch seine Zeit. Wohin das Führen wird für Hersteller, Versicherungen, Gutachter etc. wird sich noch zeigen. Es bleibt spannend.

Was die Sachverständigen-Leistungen im Allgemeinen angeht, bin ich optimistisch. Jeden Tag passieren Unfälle in allen nur erdenklichen Lebensbereichen. Jeden Tag müssen Dinge und Leistungen abgenommen werden. Alles Mögliche muss begutachtet werden. Wir denken da bereits weiter.

Katja Lafferenz: Ich bedanke mich für eure Zeit und das angenehme Gespräch.

Stefan Grimm: Gerne geschehen, es ist immer wieder aufschlussreich sich zu erinnern, woher wir kommen.

Sebastian Grimm: Richtig, durch Gespräche und Kommunikation generell wird einem klarer, was man tun.

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