25. April 2024
CombiGutachter: Rainer Stumpf
Das Gespräch mit dem zertifizierten Kfz-Sachverständigen und Caravan-Experten Rainer Stumpf führte Katja Lafferenz, Leitung Marketing CombiSystems am 27.03 2024 online.
„Diese Caravan-Geschichte, die brennt noch, die ist noch nicht zu Ende!
Katja Lafferenz: Guten Tag Herr Stumpf, schön, dass wir Sie für unser Interview gewinnen konnten. Sie wurden uns wärmstens empfohlen von verschiedenen Leuten in der Branche, als ich von unseren kommenden CombiNews „Spezial“ zum Thema „Caravan“ gesprochen habe. Stellen Sie sich doch einfach kurz vor.
Rainer Stumpf: Mein Name ist Rainer Stumpf. Ich bin zertifizierter Sachverständiger nach ISO 17024 für Kraftfahrzeugschäden und Bewertung und ich bin zertifizierter Sachverständiger für Caravan, Wohnmobile und Wohnheime. Meine Firma hat ihren Sitz in Kaiserslautern.
Katja Lafferenz: Wie kamen Sie zu diesem speziellen Thema der Sachverständigenleistung?
Rainer Stumpf: Das Ganze hat sich im Laufe der Jahre entwickelt durch verschiedene Einflüsse. Wir waren schon immer eine Caravan affine Familie, wir mochten schon immer Urlaube mit dem Wohnwagen. Außerdem verbindet mich eine Leidenschaft mit dem Motorradsport, auch das hat sich im Laufe der Jahre ergeben, so dass der Transport mit Anhänger zunehmend zu einem Thema wurde. In den 1980er Jahren kamen auch die ersten Wohnmobile auf den Markt. Die Technik dieser Fahrzeuge interessierte mich als gelernter Techniker natürlich, so dass ich mich auf diesem Gebiet immer besser auskannte. Das hat sich herumgesprochen in der Branche und ich wurde zunehmend zu Rate gezogen, da die Materie doch sehr kompliziert ist. In diesem Zuge kam ich mit einigen Fachleuten auf diesem Gebiet in Kontakt. Es kam zur Zusammenarbeit, u.a. auch mit Klaus Hünerkopf, einer Koryphäe auf dem Gebiet der Veredelung von Reisemobilen. Da habe ich sehr viel gelernt. Mein Ziel war damals die Zertifizierung, ganz klar. Momentan gibt es in ganz Europa nur fünf Leute, die dafür zertifiziert sind. Doch es gibt erfolgreiche Bemühungen des CGF (Caravan Gutachter Fachverband), das zu ändern. Da werden ganz bestimmt in absehbarer Zeit mehrere Kollegen hinzukommen.
Katja Lafferenz: Nur fünf Gutachter in ganz Europa – welche Zertifizierung mussten Sie und alle anderen durchlaufen?
Rainer Stumpf: Es gibt die Zertifizierung ISO 17024 als Grundzertifizierung, mit vielen Vorbereitungskursen, da diese Fahrzeuge mit der ganzen Technik auf verschiedenen Gewerken beruht. Da ist der Heizungsbauer involviert, der Schreiner, der Fahrzeugbauer und der Elektriker beispielsweise. Dann ist Kleben und Dichten ein Thema oder die Giftstoffe rund um die Materialien. Ich könnte jetzt viele Begriffe anführen, doch das würde den Rahmen sprengen. Die Beschäftigung mit dem Thema innerhalb der Aufbaukurse des CGF führt letztlich dazu, dass man beurteilen kann, ob und wie sich die einzelnen Komponenten reparieren lassen – oder eben nicht.
Katja Lafferenz: Für mich hört sich das so an, wie ein Hausbau auf Rädern, wenn man so will.
Rainer Stumpf: Ja, genau. Wie beim Hausbau bringt auch dieses Thema seine Schwierigkeiten und Überraschungen mit sich. Wo Belastung und Dynamik ins Spiel kommen, zeigen sich auch schnell Fehler und Bruchstellen.
Katja Lafferenz: Was war Ihre größte Herausforderung auf diesem Weg?
Rainer Stumpf: In die verschiedenen Gewerke reinzuwachsen, eindeutig. Beispielsweise hatte ich wenig Ahnung von den Grundlagen der Lithium-Batterien, um nur ein kleines Beispiel zu nennen. Diese werden von vielen Herstellern verbaut, da sie sehr leistungsfähig sind und nur die Hälfte des Gewichtes haben im Vergleich zu anderen Batterien. Aber dazu muss man einiges wissen. Viele Hersteller haben keine Prüfzeichen auf den Batterien. Für den Verbraucher heißt das, dass sie nicht versichert sind, wenn ein Fahrzeug in Brand geraten sollte und nachweislich ein Material- oder Verkabelungsfehler bei der Batterie offensichtlich ist. Allerdings sind diese Dinge alle geregelt in der EN 2006. Wohlgemerkt, das ist nur eine Sache zu dem Thema Batterien, darüber könnte ich locker eine Stunde weiter reden, so viel gibt nur dieses eine Thema über Batterien her.
Katja Lafferenz: Jetzt mal ganz praktisch, wie muss ich mir das vorstellen, wenn ich mir einen Caravan gekauft habe. Komme ich dann zu Ihnen und lasse das Fahrzeug erstmal durchschauen, ob alles seine Richtigkeit hat?
Rainer Stumpf: Ja, genau. Wir schauen uns zunächst das Fahrwerk an, dann den Aufbau. Beim Fahrwerk also das Übliche – Motor, Bremsen, Getriebe, Leistungsfähigkeit, Funktionstüchtigkeit und dann noch eine Probefahrt. Dann führen wir eine Dichtigkeitsprüfung durch. Das ist immer die größte Sorge beim Verbraucher, dass es zu einem Wasserschaden kommt beispielsweise. Früher waren die Aufbauten der Fahrzeuge ausschließlich aus Holz, da verrottete leicht mal etwas. Heute sind die Aufbauten in der Regel alle aus Aluminium.
Katja Lafferenz: Ok, dann ist der Check absolviert bei Ihnen, was passiert dann? Für mich sieht gefühlt jeder Caravan anders aus. Ist das nicht wahnsinnig kompliziert, wenn es da keine Einheitlichkeit gibt?
Rainer Stumpf: Ganz so wild ist die Lage nicht. Wir gehen von vier verschiedenen Kategorien aus. Zum einen die Kastenwagen ohne eigenen Aufbau, sie sind äußerst beliebt, da sie viel Möglichkeiten bieten, Platz sparen, man sie tagsüber fahren kann als Familienauto, an den Wochenenden als Ausflugsmobil nutzen kann und damit in den Urlauben längere Zeit auf Reisen sein kann. Ideal für junge Leute und junge Familien. Caravanisten werden beispielsweise auch immer jünger. Zum zweiten haben wir die teilintegrierten Fahrzeuge mit einem eigenen Aufbau. Weiter gibt es die Kategorie der Alkoven – Fahrzeuge mit einer Bettnische über dem Führerhaus, wir nennen sie gerne auch spaßhalber „Nasenbären“. Und es gibt noch die vollintegrierten Fahrzeuge mit eigenständigem Aufbau.
Katja Lafferenz: Von meinem Chef Stefan Grimm weiß ich, wie gerne er sich mit seinem Kastenwagen auf Reisen begibt. Einmal hatte ich die Gelegenheit einen Blick ins Fahrzeug zu werfen und die individuelle und gemütlich Einrichtung zu bewundern. Wenn ich in andere Fahrzeuge genau dieser Kategorie schaue, sieht es dort komplett anders aus. Wie ist das zu erklären?
Rainer Stumpf: Es gibt verschiedene Grundrisse bei den Kastenwagen. Bei diesen Fahrzeugen gibt es keine Probleme mit der Dichtigkeit, da es sich um eine geschlossene, vorgefertigte Karosserie handelt.
Katja Lafferenz: Was gibt es noch zu prüfen, außer Fahrwerk und Aufbau, wenn wir wieder auf mein Beispiel zurückkommen.
Rainer Stumpf: Es gibt auch noch den Bereich Ausstattung. Da gibt es sehr viele Möglichkeiten. Wichtig ist ebenso alles, was mit Gas zu tun hat. Um eine Gasprüfung machen zu dürfen, muss eine Berechtigung vorliegen, ein Befähigungsnachweis. Alles rund um die Gasanlage in einem Fahrzeug wird in der Gasprüfung G 607 geregelt. In diesem Zuge wird die Gasanlage überprüft, das Alter der Schläuche, die Gastanks etc. Momentan ruhen die Gasprüfungen, da Uneinigkeit darüber herrscht, ob die Prüfung digital durchgeführt werden muss oder auch manuell durchgeführt werden kann. Allerdings ruht die G 607 nicht, denn ohne sie läuft gar nichts, wegen des Versicherungsschutzes. Es gibt Campingplätze, da kommt man ohne die erfolgreiche Gasprüfung G 607 mit der dazugehörigen Plakette nicht rein.
Katja Lafferenz: Kommen wir zu Ihrem Sachverständigenbüro und eine paar Zahlen und Fakten. Wie viele Leute arbeiten dort?
Rainer Stumpf: Wir sind zu dritt.
Katja Lafferenz: Und welchen Raum am Gesamtvolumen Ihres Büros nehmen die Caravans ein?
Rainer Stumpf: Wir erledigen das ganz normale Sachverständigengeschäft auch für PKW, doch die Anfragen für die Caravan und Sonderfahrzeuge nehmen stetig zu. Ich mache im Team nur die Caravan und Sonderfahrzeuge beispielsweise. Normale Fahrzeuge übernimmt ein Mitarbeiter. Teilweise kommen Kunden bereits seit über 30 Jahren zu uns. Also aktuell machen wir zu 60% Caravans.
Katja Lafferenz: Woher kommt Ihre Caravan-Kundschaft?
Rainer Stumpf: Aus ganz Deutschland, auch Versicherungen aus Luxemburg, da es dort niemanden gibt. Ebenso aus der Schweiz, da sind wir auch tätig für Schweizer Gerichte und auch Privatkunden, auch aus Österreich. Und aktuell komme ich gerade aus Spanien. Ich war zuerst in der Schweiz, um einen Auftrag zu erledigen, dann ging es weiter zum nächsten Auftrag nach Spanien. Ein Kunde aus Deutschland hatte dort einen schweren Unfall, nachdem er dort unten überwintert hatte. Das Fahrzeug war noch bewohnbar, jedoch nicht mehr fahrbereit. Wir haben uns geeinigt, dass ich mir den Fall vor Ort anschaue. Im Anschluss habe ich dann ein paar schöne Tage in Spanien verbracht.
Katja Lafferenz: Das ist doch ideal, wenn man beides verbinden kann.
Rainer Stumpf: Sie sagen es Frau Lafferenz, also besser gehts nicht.
Katja Lafferenz: Wenn ich Ihnen so zuhöre, dann habe ich ohnehin den Eindruck, dass Ihnen Ihre Arbeit weit mehr bedeutet als reiner Broterwerb.
Rainer Stumpf: Sagen wir mal so – ich bin in einem Alter, da könnte ich im Grunde meinen Ruhestand genießen. Aber offen gesagt, wüsste ich mit meiner Zeit gar nichts Sinnvolleres anzufangen, als meiner Arbeit nachzugehen. Und wenn ich dann meine Arbeit mit Erholung und Verreisen verbinden darf, dann mache ich das doch sehr gerne.
Katja Lafferenz: Was mich jetzt interessiert Herr Stumpf – wie kam es zur Zusammenarbeit mit CombiPlus?
Rainer Stumpf: Damals, um das Jahr 2010 waren wir auf der Suche nach einer Software, die es uns erlaubt, auch viel manuelle Kalkulationen zu machen, da gibt es sehr viel zu beachten. Nur ein Beispiel: es gibt Klappen, die gehen kaputt, wenn man sie ausbaut, da sie eingeklebt sind. Andere nicht, die bleiben intakt dabei. So etwas muss man einfach wissen. Diese und viele andere Zeiten haben wir im Laufe der Jahre gesammelt und eine eigene kleine Datenbank geschaffen.
Dabei hat uns CombiPlus mit den manuellen Einstellungen geholfen, um damit individuell arbeiten zu können. CombiPlus Professional wurde auf die spezifischen Anforderungen unseres Büros maßgeschneidert. Es gab damals auf dem Markt einfach nichts Besseres. Und ich bin heute noch zufrieden. Nicht umsonst arbeiten wir seit 14 Jahren mit CombiPlus.
Katja Lafferenz: Nochmal zum Verständnis: Sie nutzen CombiPlus Professional über die die manuellen Einstellungen und erstellen mithilfe Ihrer eigenen Datenbank Ihre Gutachten. Mit Sicherheit haben Sie im Laufe der Jahre auch viele Textbausteine angelegt und eingearbeitet.
Rainer Stumpf: Genau. Bei den Caravans handelt es sich ja um eine ganz eigene Welt. Alles ist wesentlich komplexer. Das eine ist nicht wie das andere. Wir müssen beispielsweise immer sogenannte „Opferteile“ angeben, die im normalen Gutachter-Geschäft überhaupt nicht auftauchen.
Katja Lafferenz: Können Sie bitte ein Beispiel für ein „Opferteil“ geben.
Rainer Stumpf: Es gibt Hersteller, wenn ich da die Seitenwand wechsle, geht dabei die Rückwand kaputt, weil diese eine Z-Verzahnung haben. Das muss man einfach wissen. Oder einen guten Draht zu den Herstellern haben. Nicht nur technisch hilft uns CombiPlus dabei. Auch die Kommunikation klappt wunderbar, dass muss man einfach sagen. Zugegebenermaßen bin ich nicht besonders IT-affin, und wenn ich nicht weiterkomme genügt ein Anruf, z. B. bei Frau Busche oder bei anderen im Support-Team und mir wird umgehend geholfen. Darüber bin ich dankbar. Und so oft muss ich ja gar nicht anrufen. Ich habe auch zu Christian Schmidt im Vertrieb und zu Stefan Grimm einen sehr guten Draht.
Katja Lafferenz: Ja, Christian Schmidt war der erste, der mich sofort „vehement“ an Sie verwiesen hat. Sprechen wir über die Zukunft. Wohin geht Ihrer Meinung nach die Entwicklung in Ihrer speziellen Nische der Branche? Zu Beginn des Gesprächs klang bei Ihnen an, dass weitere zertifizierte Gutachter kommen werden, die in der boomenden Branche dringend benötigt werden.
Rainer Stumpf: Ganz genau, da werden europaweit weitere Kollegen hinzukommen. Früher hat man immer hinter vorgehaltener Hand gesagt, dass Wohnmobile nur für Leute über 60 Jahre in Frage kommen. Ich stelle heute fest, wie es immer mehr junge Caravanisten gibt, junge Familien auch. Erst mieten sie sich ein Fahrzeug, später kaufen sie eins. Auch die vielfältig nutzbaren Kastenwagen werden weiter an Popularität gewinnen. Wir haben momentan ganz verrückte Zulassungszahlen. Gab es vor 10 Jahren noch im Jahr ca. 24.000 Fahrzeug-Zulassungen in Deutschland, sind es heute ca. 85.000 Zulassungen. Insgesamt haben wir aktuell über 900.000 zugelassene Wohnmobile in Deutschland. Die Wohnwagen sind da noch nicht mitgerechnet. Da gehen die Zulassungen allerdings gegenüber 2021-22 leicht zurück. Der Trend liegt momentan bei den Wohnmobilen. Ich persönlich finde einen schönen Wohnwagen eine sehr gute Lösung.
Katja Lafferenz: Das wäre jetzt meine nächste Frage: Was bevorzugen sie persönlich, wie sind sie privat unterwegs?
Rainer Stumpf: Frau Lafferenz, ich bin ja nie privat unterwegs…. nein Spaß!
Katja Lafferenz: Ja klar, ich weiß doch Herr Stumpf, ich meinte, wie reisen Sie persönlich am liebsten?
Rainer Stumpf: Mein Wohnmobil ist mein mobiles Büro. Ich kann dort wunderbar arbeiten. Überhaupt geht die Tendenz zur Autarkie, das ist übergreifend festzustellen. Die Leute wollen unabhängiger sein. Das äußerst sich auch in der Technik der Autos, besagte Batterien werden immer leichter und leistungsstärker beispielsweise. Früher wog eine Batterie 70 Kg und leistete 200 Amperestunden – heute wiegen sie 35 kg bei 400 Amperestunden. Solarzellen auf dem Dach, die Wassertanks werden größer, also es gibt viele Lösungen, um sich das Leben im Wohnmobil einfacher und individueller zu gestalten als früher. Es ist immer die Frage, was man kann, was man möchte und was man braucht. Ich habe versucht, so unabhängig wie möglich zu sein in Bezug auf Wasser, Strom und so weiter. Da sind wir in einer Größenordnung, die für den Normalverbraucher überdimensioniert ist. Doch für uns passt das, wir sind permanent unterwegs, fahren zu allen Messen überall hin, teilweise dauern diese eine ganze Woche.
Katja Lafferenz: Zum Abschluss unserer Interviews kommt nun meine spontane Frage, die ich immer stelle: Was möchten Sie der Sachverständigenwelt schon immer sagen, Herr Stumpf.
Rainer Stumpf: Liebe Sachverständigenwelt, ihr habt ein tolles Berufsbild geschaffen, das maßgeschneidert ist für mich. Diese Caravan-Geschichte – das merkt man glaube ich bei mir – die brennt noch, die ist noch nicht zu Ende! Und solange das so ist, werde ich weitermachen.
Katja Lafferenz: Was für ein schönes Schlusswort. Herr Stumpf, ich bedanke mich für das interessante und herzliche Gespräch.
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