25. April 2024
CombiSchadenmanagement: Klaus Lindner
„Wir bringen Versicherer und Werkstätten zusammen. Und wir haben gemerkt, das klappt, das kommt an.“
Das Gespräch mit Klaus Lindner, geschäftsführender Gesellschafter carSN Schadenmanagement GmbH führte Katja Lafferenz, Leitung Marketing CombiSystems im Frühjahr 2023 online.
Katja Lafferenz: Guten Tag Herr Lindner, schön, dass es geklappt hat. Sie sind geschäftsführender Gesellschafter der Firma carSN Schadenmanagement bzw. caravanSN. Schadenmanagement speziell für Caravan und Camper klingt sehr interessant und nach Nischenmarkt par excellence. Stellen Sie sich und Ihre Firma doch bitte kurz vor.
Klaus Lindner: Die noch junge Firma carSN Schadenmanagement GmbH wurde 2019 von mir gegründet mit Standort in der Kölner Bucht und fungiert als eine Art Holding. caravanSN Schadenmanagement ist ein Produkt von carSN, speziell auf Caravan und Camper zugeschnitten, mit einem einzigartigen bundesweitem Werkstattnetz von aktuell 90 Betrieben. In diesem Zuge bauen wir gerade unser Netzwerk in Österreich und der Schweiz aus. Alle unsere Mitarbeiter verfügen über langjährige Erfahrung im Schadenmanagement und fühlen sich stark verbunden mit dem Thema Caravan und Camper.
Katja Lafferenz: Wieviel Leute arbeiten momentan für CaravanSN?
Klaus Lindner: Momentan sind wir vier Leute. Eine kleine verschworene Truppe. Unsere Sachverständigen beauftragen wir extern. Das hat mehrere Vorteile, unter anderem bleiben wir und unsere Ergebnisse dadurch unvoreingenommen.
Katja Lafferenz: Wie kamen Sie dazu, diese spezielle Leistung für die Zielgruppe Caravan und Camper anzubieten?
Klaus Lindner: Im Zuge unserer Arbeit mit der carSN Schadenmanagement, kam der Markt auf uns zu und wir haben uns dazu entschlossen, für diese individuelle Zielgruppe ein eigenes Produkt anzubieten.
Katja Lafferenz: Woher kommen Sie beruflich – und verbindet Sie auch persönlich etwas mit dem Thema Caravan und Camper?
Klaus Lindner: Also ich komme beruflich aus der Assekuranz und habe dort über 30 Jahre in ganz unterschiedlichen Funktionen gearbeitet. Dabei habe ich immer den Schadenbereich begleitet, als Sachbearbeiter, Gruppen- und Teamleiter, Abteilungs- und Bereichsleiter bis hin zum Vorstand. Irgendwann kam die Zeit, da habe ich gemerkt, dass es für mich noch mehr gibt als das Arbeiten innerhalb eines Gebildes, für das ich tätig bin. Ich wollte mehr in eigener Sache kreativ arbeiten.
Katja Lafferenz: Wie äußert sich diese kreative Verwirklichung, was verstehen Sie darunter?
Klaus Lindner: In meinem gesamten Berufsleben hatte ich immer schon viele Ideen, die ich anderen Leuten mitgegeben habe, die damit dann einiges anfangen konnten. Und daher wollte ich zum damaligen Zeitpunkt meine Ideen auch mehr für mich nutzen. Und jetzt komme ich auf den zweiten Teil Ihrer Frage zu sprechen, da vermischte sich in der Tat meine persönliche Leidenschaft mit meinem Beruf. Genauso wie Ihr Chef, Stefan Grimm bin auch ich passionierter Camper. Ich kam dazu, da Holland ganz in der Nähe der Kölner Bucht liegt und wir hier mehr oder weniger eine Wasseraffinität haben und oft nach Holland ans Meer fahren. In meinem Fall kam mein Faible fürs Kitesurfen hinzu. Damit habe ich in Holland angefangen. Erst aus dem PKW heraus, dann mit dem Lieferwagen und irgendwann – wenn man älter wird sucht man nach passenderen und bequemeren Lösungen – baut man das immer weiter aus.
Katja Lafferenz: Und wie kam der Beruf mit ins Spiel?
Klaus Lindner: Als ich Ende der 1980er Jahre in der Versicherungswirtschaft angefangen habe, waren Caravan und Camper im Schadenmanagement auch schon ein Thema – allerdings nicht so wie heute. Wenn es da Hagelschaden gab sind unsere Chefs zu uns Kfz-Sachverständigen gekommen und meinten: „Hört mal, ihr habt doch immer Lust auf Holland, nehmt mal einen Zollstock mit etc. und fahrt da mal rüber auf diesen oder jenen Campingplatz, da gibt es ein paar Caravans von unseren Versicherten mit Hagelschaden. Messt mal die Dächer aus, errechnet den qm2, hier habt ihr noch eine Formel für den qm2-Preis. In der Regel wollen die Geschädigten den Schaden eh nicht reparieren lassen, bzw. überzeugt den Kunden einfach, dass Geld auch ne schöne Sache ist und teilt die entsprechenden Schecks aus.“
Damit war der Schadenfall seinerzeit erledigt, so wurde das oftmals gelöst. Ein Schaden auf dem Dach entzieht sich ja ohnehin dem Blick.
Katja Lafferenz: Was war ihre konkrete Geschäftsidee, welchen Ansatz hatten Sie mit Ihrer neuen Dienstleistung?
Klaus Lindner: Ich wollte meine Leistungen nach zwei Seiten hin anbieten: Schadenmanagement einerseits für Caravan- und Camper-Kunden – andererseits für die Versicherungen, die mit diesen Schadenfällen für Sonderfahrzeuge zu tun hatten, und die sich schwer taten damit bis dato. Und beides zusammen motiviert durch die Liebe und Leidenschaft, die wir selber für dieses Thema empfinden und leben. Und das ist eine ganz elementare Sache, da kommen wir aus dem sogenannten Mainstream raus, denn Caravan und Camper ist ein individuelles Nischengeschäft, mit allem was dazugehört. Camper sind einfach ganz eigene, individuelle Menschen. Wir von caravanSN sehen uns als Verbindungsglied aller Beteiligter. Wir bringen Versicherer und Werkstätten zusammen. Und wir haben gemerkt, das klappt, das kommt an.
Katja Lafferenz: Hier wird es für mich als Marketingfrau so richtig spannend – wie haben Sie Ihre Zielgruppen von Caravan und Camper gefunden, und wie ist die Kommunikation?
Klaus Lindner: Nach meiner Einschätzung handelt sich um mindestens vier verschiedene, fast schon selbsterklärende Kundentypen: Die entschlossenen Surviver, die gemäßigteren Naturverbundenen, die harmonischen Familienurlauber sowie die anspruchsvollen Glamper. Diese ganzen unterschiedlichen Motivationen und Bedürfnisse muss man berücksichtigen. Verbindend lässt sich jedoch für alle sagen: Am Ende möchte jeder immer sein eigenes Wohnzimmer auf Reisen dabei haben.
Katja Lafferenz: Ich fasse zusammen: Ihr Ansatz war also, die verschiedenen Wünsche, Sorgen und Bedürfnisse der Kunden aufzugreifen, ein passendes Werkstattnetz aufzubauen sowie die Versicherungen bei deren Schadenfälle mit Caravan und Camper zu unterstützen.
Klaus Lindner: Ganz genau. Wir haben das ganze Schadenmanagement rund um dieses Nischenthema professionalisiert. Dabei gab und gibt es viele Herausforderungen. Allem voran gab es keinerlei Standardisierung.
Katja Lafferenz: Gibt es dafür Gründe Herr Lindner?
Klaus Lindner: In dieser Nische war eben schon immer alles individuell. Nicht nur die Kunden, alle sind individuell. Auch bei den Herstellen war das so, bzw. ist das so. Der Camper oder das Reisemobil waren schon immer anders als ein Opel-, VW-, Fiat- oder Mercedes-PKW. Zwar kennen wir in Deutschland große Hersteller wie Hymer, aber es geht dort dennoch sehr familiär zu. Ein anderer Hersteller, Phönix, die stellen im Jahr ca. 150 Fahrzeuge her und kennen fast jedes Auto persönlich mit Namen. Eine Standardisierung ist da fast unmöglich. Eine exakte niedergeschriebene Teile-Erfassung, wie wir das bei der PKW-Dokumentation kennen, das gibt es hier nicht.
Katja Lafferenz: Entsprechend schwierig wird die Schadenkalkulation, ich verstehe so langsam.
Klaus Lindner: Eben, daher haben wir uns erstmal Gedanken gemacht, wie wir die Schäden professionell und seriös kalkulieren können. Auf diesem Wege haben wir uns auch mit dem Thema Software befasst und haben Lösungen gefunden. Trotzdem hat das auch heute nichts mit dem zu tun, was Sie im Kfz-Sachverständigenbereich kennen, es ist und bleibt eine eher manuelle Kalkulation. Eine Kalkulation für einen Caravan- und Camper-Schaden kann gut und gerne mal zwischen zwei und zehn Stunden dauern.
Katja Lafferenz: Was jedoch zum Problem werden kann, wenn beispielsweise acht Stunden berechnet werden, nur für die Kalkulation, oder?
Klaus Lindner: Allerdings, daher werden diese Kosten nur geringfügig mit 100,00 EUR Kalkulationskosten ausgewiesen und die restlichen 700,00 EUR Kosten beispielsweise auf die Ersatzteile berechnet. Es geht weiter: Auch bei den Reparaturprozessen gibt es keinerlei Standards oder Handbücher, die darüber Auskunft geben, wie ein Schaden repariert werden muss. Auch der Hersteller gibt das nicht vor. Er baut zwar das Fahrzeug zusammen, macht sich aber keine Gedanken, was getan werden muss, wenn etwas kaputtgeht.
Katja Lafferenz: Also auch keine heute üblichen Youtube-Videos etc.?
Klaus Lindner: Das eine oder andere wird sich schon finden, jedoch nicht vom Hersteller. Aber Social Media ist ein gutes Stichwort. Das sind schon Themen, mit denen wir gerne in Social Media einsteigen möchten zukünftig, um zu zeigen, was wir konkret an den Fahrzeugen leisten. Unsere Anfangszeit auf dem Markt erinnerte an den Wilden Westen oder den Dschungel. Ein bisschen was haben wir allerdings erreicht, in den jetzt vier Jahren unserer Marktpräsenz.
Katja Lafferenz: Auch hier wieder meine Frage nach Ihrem Ansatz. Wie sind Sie vorgegangen? Oder ist es denn heute immer noch so, dass eine Werkstatt oder Versicherung, die Caravan und Camper-Schäden bearbeiten in die Rechnung reinschreiben können, was sie wollen, da es ja keiner überprüfen kann?
Klaus Lindner: Wir wollten niemanden überprüfen. Unsere Strategie richtete sich erstmal in Richtung Versicherungen, indem wir die Ansicht vertreten haben, dass Versicherungen aufgrund der Intransparenz in den meisten Schadenfällen zu viel bezahlen. So kamen wir ins Gespräch. In diesem Zuge haben wir das eine oder andere Pilotprojekt bekommen, natürlich unter Berücksichtigung aller Vertraulichkeitsaspekte und Datenschutzerklärungen. Das war sozusagen der erste Schritt in Richtung der Versicherungen.
Für Versicherungen war das mit den Caravans und Campern bis dato eher ein unerwünschtes Risiko, sagen wir mal so. Oftmals wurde es einfach praktischerweise ausgepreist – also so stark verteuert, so dass die Leistung unattraktiv war. Dass kann man so lange machen, bis die Nachfrage am Markt überschaubar bleibt. Was ja auch der Fall war. Die kleine Gruppe der Camper wechselten nicht deswegen die Versicherung, und man nahm die Leistung auf jeden Fall in Anspruch. Durch den zusätzlichen Boom, der durch die Corona-Zeit ausgelöst wurde kam mehr Bewegung in den Markt. Viele Leute nutzten diese Sonderfahrzeuge nun zum Verreisen, daher passierten auch viel mehr Unfälle. Damit mussten die Werkstätten jetzt umgehen lernen.
Katja Lafferenz: Und das bedeutet?
Klaus Lindner: Werkstätten haben in der Regel keine Ausstattung, kein Equipment und keine Räumlichkeiten und Flächen für Caravans und Camper. Diese Fahrzeuge haben ja ganz andere Radien beim Wenden und Platzbedarf beim Parken. Vor allem aber waren die Werkstätten nicht vertraut und vorbereitet mit der speziellen Form der Kommunikation mit den Nischenkunden und die andere Zeitdimension der Reparatur. Angefangen bei der Kalkulation, die oft schon mal eine Woche benötigt. Die längste Wartezeit für Ersatzteile bei einem Fahrzeug, auf die wir aktuell warten, beträgt 18 Monate. Ein Ausnahmefall, aber es zeigt auf, dass man hier natürlich mit dem Kunden ganz anders umgehen muss. Die durchschnittliche Lieferzeit beträgt 6-8 Wochen. Das macht eine Urlaubsplanung natürlich riskant.
Ein weiterer Aspekt: Der Kunde vertraut der Werkstatt sozusagen sein Wohnzimmer an. Nicht selten kommen Kunden 3-5 mal während der Wartezeit in die Werkstatt, weil sie etwas aus dem Fahrzeug besorgen müssen, was im Alltag fehlt. Oder einfach so, weil sie ihr Fahrzeug vermissen. Und überhaupt schauen sich die Caravanleute „ihre“ Werkstatt ganz genau an, wollen mit dem Meister persönlich sprechen, mit dem Gesellen ebenfalls und sie bringen das Fahrzeug auch meistens persönlich in die Werkstatt. Das ist alles Zeit, die berücksichtigt und berechnet gehört, zur Zufriedenheit aller Beteiligten.
Katja Lafferenz: Also gut, angenommen ich hätte einen Caravan mit einem Schaden und ich hätte eine Werkstatt gefunden. Woher weiß ich, dass es die richtige Werkstatt für mich ist? Sie haben ja eingangs von 90 Werkstätten gesprochen, die Ihrem Netzwerk angehören. Welche Kriterien müssen diese Werkstätten erfüllen?
Klaus Lindner: Oftmals sind die Fahrzeuge nicht da stationiert, wo sie gekauft wurden, vor allem auch weil der Markt in den letzten drei Jahren in der Coronazeit durcheinander gekommen ist. Daher müssen die Geschädigten auf jeden Fall eine gewisse Strecke zurücklegen, in aller Regel zwischen 25 und 80 Kilometer, bis sie eine unserer Werkstätten finden, die ihren Schaden richten kann, also auch das Thema beherrscht. Unsere 90 Betriebe entsprechen unseren Standards, das verifizieren wir entsprechend, was bedeutet, dass die Betriebe von uns einen Fragebogen bekommen, der entsprechend ausgefüllt werden muss. Diesen auditieren wir und lassen die Eigenbeurteilung der Betriebe noch extern von Gutachtern überprüfen. Außerdem haben wir eine Akademie gegründet. Hier können wir Werkstätten in verschiedenen Bereichen aus- und weiterbilden. Erst wenn alle Kriterien erfüllt sind, wird die Werkstatt aufgenommen in unser Netzwerk.
Katja Lafferenz: Wir kommen langsam ans Ende unseres Gesprächs. Lassen Sie uns noch über Zahlen und Fakten sprechen. Wie ist es denn mit Zulassungen, sprich Stückzahlen bei Caravan und Camper?
Klaus Lindner: Natürlich kein Vergleich zu den PKW-Zulassungen, wo wir aktuell bei rund 48.000.000 Fahrzeugen liegen. Wir verzeichnen in Deutschland nach wie vor einen Aufwärtstrend, was die Gesamtstückzahlen angeht. Bis Ende des 1. Quartals 2023 liegen wir bei den Caravan bei rund 780.000 Fahrzeugen, zuzüglich der rund 250.000 Fahrzeuge auf Standplätzen sowie 927.00 Camper inkl. umgebauter, bzw. als PKW zugelassener Fahrzeuge. Wir sprechen also von rund 2.000.000 Zulassungen in Deutschland. In Österreich sind rund 80.000 Fahrzeuge zugelassen.
Katja Lafferenz: Wenn wir schon mal bei den Zahlen und Fakten sind: Wie hoch ist der durchschnittliche Schadenwert in Deutschland?
Klaus Lindner: Deutlich höher als bei den PKW, bis zu dreimal. In Deutschland sind das durchschnittlich EUR 4.600, das Gesamtschaden-Volumen beträgt EUR 652.496.200.
Katja Lafferenz: Herr Lindner, ich bedanke mich für dieses hochinteressante Gespräch. Ich bin sehr beeindruckt von dieser Reise, ja fast schon Expedition durch den „Dschungel“ des Schadenmanagements für Caravans und Camper. Wie viel sich in nur vier Jahren bewegen lässt in einem Nischenmarkt, ist beeindruckend.
Klaus Lindner: Ich habe zu danken Frau Lafferenz, es war mir ein Vergnügen.
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