17. Juni 2024
Massenschadenportal: Iris Scheumann
Im zweiten Teil unseres großen Frühjahr-Interviews „Hagel, na und!“ spricht Iris Scheumann, CombiSystems über das myConnect Massenschadenportal, so wie nur sie es kann. Das Gespräch führte ihre Kollegin Katja Lafferenz, Leitung Marketing am 16.04.2024.
Katja Lafferenz: Iris, im zweiten Teil unseres Gesprächs gehst du explizit auf das myConnect Massenschadenportal ein, dessen Entwicklung du von Anfang an mit vorangetrieben hast. In deinen Worten, Iris: Was ist das Massenschadenportal? Was macht deine Begeisterung für dieses Programm aus?
Iris Scheumann: Meine Begeisterung rührt daher, dass ich mit dem Programm, automatisiert eine riesige Anzahl von Schadenfällen bearbeiten kann. Es ist dabei völlig egal, ob ich 10 Fälle oder 100 oder 1000 bearbeite – daher ja auch der Titel „Hagel – na und!“. Oder andersherum: es ist schwieriger, außerhalb des Massenschadenportals auf herkömmliche Weise mit zwei Sachverständigen 15 Schadenfälle zu bearbeiten, als mit dem Portal 500 Fälle. Es ist die Organisation, die massiv erleichtert wird. Wenn ich diese 15 Aufträge für einen Tag habe, dann muss ich eine Tourenplanung machen, die Leute anrufen, alle Termine unter einen Hut kriegen; und dann ist noch nicht der Verkehr mit Staus etc. an diesem Tag berücksichtigt. Das ist um so vieles komplizierter in meinen Augen. Mit dem Massenschadenportal habe ich ruckzuck beispielsweise 500 Aufträge, alle im Umkreis von 35-40 Kilometern.
Katja Lafferenz: Je nachdem, welchen Kreis man setzt, richtig?
Iris Scheumann: Ganz richtig. Und dann hast du da dieses fantastische Programm. Von der Theorie her funktioniert es so: Du schaust dir alles auf der Karte an, siehst überall diese kleinen Nadeln stellvertretend für Schadenfälle, da machst du einen Kreis drum herum, und das Programm sagt dann, je nachdem, das sind meinetwegen 500 Schadenfälle. In diesem Kreis suchst du die Mitte, schaust nach einer Örtlichkeit mit einer Halle, die sich entsprechend ausrüsten lässt. Oder der Hageldienstleister, der in der Regel ja auch mit unserem Programm arbeitet, hat eine Halle und hat dort z.B. fünf Straßen eingerichtet, nach dem Motto „Vorne-Rein-Hinten-Raus“, von 8-17 Uhr täglich. Dann sagst du, ja, alles klar: Taktung 30 Minuten pro Auto, wenn die richtig sportlich sind, und 40 Minuten, wenn sie etwas mehr Zeit brauchen. Und gegebenenfalls ist gleich ein Hagel-Scanner mit vor Ort integriert.
Das und noch vieles mehr kannst du mit dem Programm organisieren. Selbst die Mittagspause kannst du einplanen, alles gut. Dann gehst du auf die Karte und kringelst mit deiner Computermaus die 500 Schadenfälle rund um die besagte Halle ein, klickst auf „Zuordnen“. Du hast also mit 5 Minuten Aufwand und einem Klick die 500 Aufträge auf einen Ort organisiert. Daraufhin gehst du mit der Maus nochmals drüber und dann erhalten alle 500 Aufträge eine SMS mit einem Link, mit dessen Hilfe jeder der Geschädigten sich seinen Termin buchen kann. Du schickst den Link raus, gehst dir so lange einen Kaffee holen, und wenn du zurück bist, ist alles geschickt.
Katja Lafferenz: Hat denn jeder der Geschädigten einen Mobilnummer angegeben? Und was passiert, wenn nicht?
Iris Scheumann: Natürlich haben immer einige Leute keine Mobilnummer. Sagen wir, 10% haben keine, also 50 Aufträge können nicht mit einer SMS informiert werden. Dann gibst du im Programm an, dass alle, die keine SMS bekommen haben, einen Brief bekommen sollen. Diese Aufträge kringelst du mit der Maus wieder ein, drückst auf „Drucken“, gehst nochmal einen Kaffee holen, währenddessen rödelt der Drucker, und wenn du wieder kommst, sind die 50 Briefe gedruckt – rein in die Umschläge und raus damit zur Post, fertig. Und wenn du am nächsten Tag den Rechner anmachst, sind bereits die ersten 4-5 Tage komplett terminiert. Du musst nichts machen, das macht alles das Programm und der Kunde.
Katja Lafferenz: Bis auf die Sachverständigen in der Halle, die musst du schon noch organisieren, oder?
Iris Scheumann: Ja, sicher, die haben dann den wichtigen Teil zu erledigen. Die einzelnen Kunden werden nach dem Kennzeichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Halle den jeweiligen Straßen zugeordnet, wo die Sachverständigen dann loslegen. Alle Fahrzeuge verteilen sich auf die einzelnen Straßen, wo die Dellen gezählt werden. Und dann bekommen sie bestenfalls ihr Gutachten. Schneller geht es nicht. Und der Rest ist Mathematik: Pro Tag soundso viele Termine mal soundso viele Straßen und dann hast du locker flockig mal in einer Woche deine 500 Aufträge abgearbeitet – fertig. Und das begeistert mich, dieses Optimieren von komplexen Abläufen. Das begeistert mich wirklich!
Katja Lafferenz: Die Hageldienstleister arbeiten auch mit dem Massenschadenportal, die können sofort mit der Reparatur beginnen, richtig?
Iris Scheumann: Ganz genau, teilweise sind auch die Versicherer mit in den Hallen, so dass bereits vor Ort mit der Schadenregulierung begonnen werden kann. Immer mehr Versicherungen arbeiten mit dem Massenschadenportal. In den Hallen kann man bereits im Eingang unterscheiden, was der Kunde möchte. Wenn ein Geschädigter in der Halle fiktiv abrechnen möchte, dann findet das z.B. auf der linken Seite statt, wer reparieren lassen möchte orientiert sich rechts und macht einen Termin aus. Und wer sich nicht vor Ort entscheiden möchte, fährt nach der Begutachtung gleich wieder nach Hause. Optimaler geht es nicht – weder für Versicherungen noch für die Hageldienstleister noch für die Geschädigten. Alle sind zufrieden.
Außerdem wollen die Sachverständigen-Organisationen ihre Auftraggeber – die Versicherungen – ebenfalls möglichst schnell zufriedenstellen, indem sie zeigen, wie man innerhalb einer Woche mal kurz 500 Aufträge abarbeiten kann. Und das ist das Geniale an diesem Programm: dass du die Anforderungen von drei völlig unterschiedlichen Sichtweisen mit dem Kernprogramm abgedeckt bekommst. Und wir mit der ein oder anderen Anpassung dann für weitere Zufriedenheit sorgen können - ganz nach dem Motto: Das ist schon super, was ihr habt – jetzt möchte ich noch gerne die Sahne, die Kirsche und die Schokostreusel obendrauf. Dann können wir sagen: Das ist okay, das können wir alles hinbekommen, das passt für uns. Nicht gleich, nicht alles auf einmal, doch wenn ihr es frühzeitig bekannt gebt, dann schauen wir danach, dass alles zum nächsten Hagel bereitsteht. Das ist die Sache mit der Wunscherfüllung.
Katja Lafferenz: Wie ist generell die Tendenz beim Hagel – wird das immer mehr und heftiger?
Iris Scheumann: Ja, es wird jedes Jahr verrückter mit dem Hagel, befürchte ich. Früher gab es 2-3 Ereignisse bzw. Standorte in Süddeutschland, meist in Baden-Württemberg oder Bayern. Inzwischen haben wir auch große Hagel-Ereignisse in Nord und Mitteldeutschland. Im letzten Jahr hatten wir den ersten Hagel im Mai und der letzte Hagel war im September in Augsburg. Dort hat es im letzten Jahr dreimal gehagelt. So etwas hatten wir überhaupt noch nicht erlebt. Und das sind dann immer auch ganz neue Herausforderungen.
Katja Lafferenz: Die da wären?
Iris Scheumann: Also die Anzahl ist nicht das Problem. Kritisch wird es, wenn noch ein Schadenfall in der Bearbeitung ist vom ersten Hagel-Ereignis, also der Geschädigte noch keinen Termin gemacht hat, wenn bereits der zweite Hagelschaden passiert. Die Versicherung schickt dann gleich einen weiteren Auftrag, d.h. du hast zum gleichen Auto bereits zwei Aufträge. Und bei aller Liebe – du siehst den Dellen nicht an, ob sie beim ersten oder zweiten Hagel verursacht wurden. Und so kommen eben immer neue Herausforderungen auf einen zu. Manchmal hast du zu einem Auto auch drei Schadens-Ereignisse an einem Schadenort mit der gleichen Schadenart, nämlich Hagel. Das musst du dann geregelt bekommen. Ich habe keine Ahnung, wo das noch hingeht. Vor zwei Jahren, da hatten wir zuerst Hagel, und dann kam die Überschwemmung. Also bei einem Auto, das bis unters Dach voll ist mit Wasser, da brauchst du die Dellen auch nicht mehr zählen.
Katja Lafferenz: Die Natur gibt uns da in gewisser Weise immer wieder vor, was wir als nächstes in unserem Massenschadenportal zu tun haben, oder?
Iris Scheumann: Ganz genau. Grundsätzlich lassen sich diese Herausforderungen nicht komplett mit einem Schwarz-Weiß-Schema begegnen, nach dem Motto – bis zum Zeitpunkt x muss dieses und jenes so und nicht anders erledigt sein etc. Es gibt immer auch – und immer mehr – eben auch die Grauwerte, die eine Ausnahme der Regel darstellen. Die Eventualitäten müssen berücksichtigt und eingebaut werden. Dennoch müssen immer alle glücklich und zufrieden sein. Das ist die große Herausforderung.
Katja Lafferenz: In unserem letzten CombiNews Spezial ging es um das Thema Caravaning. Diese Sonderfahrzeuge werden auch mit dem Massenschadenportal bearbeitet, oder?
Iris Scheumann: Ja, das stimmt. Also bei den PKW gibt es ja diese Streifen, diese so genannten Dellensegel, das sind Fächer, die einen Hell-Dunkel-Effekt erzeugen und die über das Auto gehalten werden, um Dellen sichtbar zu machen, die man mit bloßem Auge nicht erkennen kann. Sonderfahrzeuge fahren im Schadenfall ggf. unter große Dellensegel und werden auf Dellen abgesucht. Der Sachverständige braucht z. B. eine Leiter, um das Dach einsehen zu können. Das dauert alles viel länger, dafür ist auch das Zeitfenster nicht ausreichend. Und für diesen Fall gibt es im Massenschadenportal eine Filterung, um auch diese Herausforderung zu meistern.
Katja Lafferenz: Iris, was bringt uns die Zukunft in Bezug auf das Thema Hagel?
Iris Scheumann: Die Zukunft bringt viele Überraschungen, auf die wir wieder eingehen müssen. Und gerade für Hagel müssen wir bestimmt noch einmal neue Wege denken, ich meine damit nicht alles komplett umbauen, doch die Natur wird uns dazu bringen, unsere Programme ständig weiterzuentwickeln. Ich könnte mir innerhalb des Massenschadenportals vorstellen, dass es zwei Varianten gibt – eine herkömmliche Variante A und eine Variante B, die speziell auf Sonderwünsche hin entwickelt wird. Wobei ich mir das gerade noch nicht konkret vorstellen kann. Wir wissen es schlichtweg nicht, was die Natur für uns bereithält an Herausforderungen.
Katja Lafferenz: Zum Abschluss unseres Gesprächs kommt die Frage, die ich immer am Ende stelle: Was möchtest du der Schadenmanagement-Branche schon immer einmal sagen?
Iris Scheumann: Ruhig bleiben. Immer erst mal ruhig bleiben. Denn ich denke, dass der meiste Stress, den der Hagel allen Beteiligten bei dieser Schadenregulierung macht, durch Hektik und Aufgeregtheit hervorgerufen wird. Der Schaden ist nun mal passiert, daran können wir nichts mehr ändern. Doch wir haben ein hervorragend funktionierendes und erprobtes Programm zur Hand! Und lasst die Leute damit einfach ihre Arbeit machen. Man sollte sich immer darüber im Klaren sein: Es sind Dellen im Auto. Es ist doch so, das Auto fährt doch immer noch. Ok, es sieht nicht mehr so schön aus. Und bei einer Sonderlackierung ist das besonders ärgerlich, das kann ich absolut nachvollziehen. Es ist allerdings nicht lebensbedrohlich, ich kann fahren – und es gibt die Möglichkeit, mit dem myConnect Massenschadenportal, alles abzuarbeiten. Einfach mal zurücklehnen, jeden seine Arbeit machen lassen und entscheiden, ob es reparieren werden soll oder nicht. Ruhig bleiben eben – ganz nach dem Motto unseres Interviews: „Hagel – na und“.
Katja Lafferenz: Das ist ein schönes Schlusswort, Iris. Ich bedanke mich ganz herzlich bei dir für dieses offene und lebendige Gespräch. Mich mit dir zu unterhalten, ist immer etwas Besonderes.
Iris Scheumann: Sehr gerne, Katja.
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