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06. April 2023

CombiKunden. GutAchter Team Krieg im Interview.

Firmenübergaben an die eigenen Kinder oder auch an externe Bewerber sind in Familien- unternehmen immer spannend. Unter welchen Bedingungen beides gut funktionieren kann, zeigt das Beispiel unseres langjährigen CombiKunden, GutAchter-Team Krieg aus 69190 Walldorf bzw. 74172 Neckarsulm (ehemalig Manfred Köhler GmbH).

Das Gespräch mit Heiko Krieg und seinem Sohn Piérre Krieg, GutAchter Team Krieg, führte Katja Lafferenz, Marketing CombiSystems am 29.03.2023 online.

Katja Lafferenz: Schön, dass es geklappt hat und ihr Zeit gefunden habt. Letztes Jahr habe ich euch auf dem ZAK-Tag in Halle kennenlernen dürfen und fand euch als Familienunternehmer auf Anhieb dufte. Und auch humorvoll, ich kann es nicht anders sagen. Ich wollte mit euch auf jeden Fall im Rahmen unserer CombiNews-Kundeninterviews ein ausführliches Gespräch führen.

Humorvoll deswegen, da ich mein erstes Anschreiben an euch mit „Sehr geehrter Herr Köhler“ begonnen habe, worauf eure schlagfertige Antwort an „Frau Grimm“ gerichtet zurückkam. Ich musste herzhaft lachen. Zu den Hintergründen aber im Gesprächsverlauf mehr. Inzwischen haben wir uns ja auf das gegenseitige Du geeinigt.

Katja Lafferenz: Meine erste Frage geht an dich Heiko: Wie hat alles angefangen, wie und wann bist du zur Sachverständigenbranche gekommen?

Heiko Krieg: Der Wunsch als Kfz-Gutachter zu arbeiten ist schon sehr alt und geht an den Anfang meiner Berufslaufbahn zurück, als ich bei der Audi in Neckarsulm meine Ausbildung gemacht habe. Dort habe ich nach der Ausbildung zehn Jahre lang gearbeitet und nach Feierabend habe ich immer noch weiter geschraubt, Fahrzeuge geschweißt und Oldtimer restauriert. Ich habe einfach „ein bissle mehr gemacht“ als manch anderer. Dabei durfte ich damals Kfz-Sachverständige kennenlernen, die bei meinem Freund in der Werkstatt ein und ausgingen. Damals dachte ich mir: “Wow, diese Tätigkeit hat schon was”. Man hat Verantwortung, geht mit Zahlen um, fremden Geldern, mit Menschen, die Technik ist dabei – das wäre genau das Richtige für mich.

Daraufhin habe ich mich erkundigt und bin auf die GFU Verkehrsmesstechnik Unfallanalytik Akademie für Bildung und Beratung GmbH im Saarland unter dem Geschäftsführer Harald Löw und dem Sachverständigen Gundolf Himbert gelandet, wo ich eineinhalb Jahre lange meine “Grundausbildung zum Kfz-Sachverständigen für Schäden und Bewertung“ absolviert habe. Wie mein Sohn Piérre viele Jahre später auch. Nach dieser Grundausbildung sozusagen habe ich für mich entscheiden: Ich werde Kfz-Sachverständiger.

Katja Lafferenz: Bist du danach gleich in die Selbständigkeit gegangen? 

Heiko Krieg: Nach dieser fundierten Ausbildung mit abschließender Prüfung und so weiter, war mein nächster Schritt sozusagen die Mitarbeit in einem Sachverständigenbüro. Und die hat mir Manfred Köhler in seinem Kfz-Sachverständigen-Büro in Walldorf ermöglicht, das war 1993. Manfred Köhler wollte mich als Praktikanten haben. Fachlich war das richtig fundiert, da er bereits seit Jahrzehnten als Kfz-Sachverständiger selbstständig gearbeitet hatte. Und auch unmissverständlich, im Sinne von „es wird alles so gemacht, wie ich das sage! Und der Punkt und das Komma kommen genau an diese Stelle“.

Katja Lafferenz: Das klingt für mich in der Tat richtig solide und höchst lernintensiv. Das war sicher auch eine Herausforderung, so „knallhart“ in den Beruf eingeführt zu werden, oder?

Heiko Krieg: Ja, du sagst es. Seine fachliche Expertise und Kompromisslosigkeit waren einerseits gut, ich habe viel gelernt dabei. Menschlich gesehen war es dagegen oft herausfordernd für mich. Alte Schule eben. Und ich brachte damals, was Disziplin, Verantwortungsbewusstsein und Gewissenhaftigkeit angeht, schon einiges mit. Allerdings war der Status des Sachverständigen vor 30 Jahren auch noch ein anderer. Dieses autoritäre Auftreten auch in den Werkstätten draußen war damals nichts Ungewöhnliches.

Katja Lafferenz: Ihr seid dann zusammen rausgefahren in die Werkstätten?

Heiko Krieg: Ja genau, er hat mit den Mitarbeitern der Werkstatt (Werkstattleuten) alles besprochen – ich habe zugeschaut und alles mitgeschrieben. Danach hat er mich immer gefragt: „Haben Sie das gesehen, haben Sie jenes gesehen, wie würden Sie das bewerten oder machen, und so weiter“. Ich bin manchmal mit Bauchschmerzen ins Büro gegangen und habe mich gefragt, was ich da eigentlich mache. Dennoch, grundlegender kann man diesen Beruf nicht erlernen. Und ich habe es durchgezogen. Nach diesem Praktikum, wenn man so will, hat mich Manfred Köhler dann eingestellt, das war im Jahr 1993.

Katja Lafferenz: Das sind ja nun auch 30 Jahre her – wie bei CombiPlus bzw. CombiSystems. Damals hat mit dem Firmengründer Bodo Grimm auch alles angefangen.

Heiko Krieg: Genau, ich erinnere mich gut an diese Anfangsjahre. Zusammen mit den 10 Jahren bei der Audi habe ich 40 Jahre Berufserfahrung in der Branche. Was man da alles mitbekommt – oder eben auch nicht im Sinne von, dass einem Dinge erzählt werden die gar nicht stimmen. Denn man bekommt als Sachverständiger – der ja in erster Linie mit Technik zu tun hat – durchaus auch ein Gefühl für Menschen und Geschichten, die einem erzählt werden. Man könnte da eigentlich ein Buch drüberschreiben.

Katja Lafferenz: Das kann ich mir gut vorstellen, trotzdem – präzisiere das doch bitte ganz kurz.

Heiko Krieg: Naja, als Sachverständiger ist das manchmal eine spannende Gratwanderung: Was stimmt, was ist dran an der Geschichte des Schadenfalls, also von Seiten des Geschädigten. Da wird schon auch gelogen, ich sag es wie es ist. Manchmal stellt sich die Sachlage dann als ganz anders heraus. Dann gibt es die Versicherungsseite, die Rechtsanwälte auf der juristischen Seite sowie die Werkstätten. Und mittendrin wir Gutachter. Und das ist heutzutage nicht einfacher geworden.

Katja Lafferenz: Wie ging das dann weiter bei Manfred Köhler?

Heiko Krieg: Nach zweieinhalb Jahren Erfahrungen sammeln habe ich gemerkt, dass es mich fortzieht. Ich haben mich parallel bei anderen Sachverständigen sowie bei verschiedeneren Versicherungen beworben. Erstaunlicherweise habe ich sehr viele Zusagen bekommen, so dass ich es mir aussuchen konnte. Letztlich bin ich zur ARAG-Versicherung gewechselt. Das hat mich gereizt, da hat sich mein Betätigungsfeld nochmals erweitert mit Themen wie Versicherungsbetrug oder Fahrzeuggegenüberstellungen sowie Unfallrekonstruktionen, nicht nur der reine Blechschaden, sondern technische Dinge und vor allem das ganze Drumherum. Da ging es dann nochmals eine Stufe weiter mit den Lügengeschichten.

Katja Lafferenz: Kannst du ein kurzes Beispiel nennen?

Heiko Krieg: Wenn ein Jurist auf Versicherungsseite in den gerichtlichen Rechtsstreit gehen wollte - wegen falsche Schadenfallansprüche beispielsweise – also, wenn die Versicherung angelogen wurde vom Geschädigten, dann wurden meine technischen Stellungnahmen, die ich geschrieben hatte vor Gericht verwendet. Das musste alles hieb- und stichfest sein. Bei der ARAG in Stuttgart war ich insgesamt sechs Jahre. Ich war einer von sechs Sachverständigen, die bei der Versicherung angestellt waren – bundesweit je einer in einer größeren Stadt. Meine Arbeitsstelle wurde damals neu eingerichtet in Stuttgart.

Katja Lafferenz: Wie muss man sich die damalige Arbeit in einer größeren Versicherung vorstellen?

Heiko Krieg: Zunächst einmal musste ich ja täglich hin- und herfahren zwischen meinem Wohnort bei Neckarsulm und Stuttgart. Dann waren die Schadenfälle oft höchst komplex. Damals gab es 40 Sachbearbeiter, die alle technisch etwas von mir wollten. Das war schon nochmal eine neue Herausforderung für mich. Allerdings wurde dann beschlossen bei der Versicherung, die Sachverständigen aufzugeben und in die DEKRA zu integrieren.

Katja Lafferenz: Und das war dann für dich der nächste Schritt?

Heiko Krieg: Sagen wir mal so, zumindest der Arbeitsplatz in Heilbronn war näher, quasi vor meiner Haustüre, so dass ich mir das 6 Monate angeschaut habe. Ich habe dann aber entschieden, mir eine neue Herausforderung in einer Versicherung zu suchen. Mein neuer Arbeitgeber hieß dann ab 2001 Zürich Versicherung, wo ich sieben Jahre gearbeitet haben. Mein damaliger Chef war Peter Vogt und danach Josef Thelen. Dort hatte ich am Ende als stellvertretender Gruppenleiter 10 Sachverständige zu betreuen. Ich habe viele Sachverständige eingearbeitet und dabei versucht das Beste aus meiner Zeit bei Manfred Köhler mit dem zu verbinden, auf was es mir persönlich ankam. Noch heute begegnen mir Sachverständige aus dieser Zeit, wie neulich auf der ZAK-Veranstaltung. Da wurde mir von meiner tollen Einarbeitung vorgeschwärmt. Ich dachte für mich da nur, dann habe ich wohl nicht so viel falsch gemacht.

Katja Lafferenz: Kann man wohl sagen. Gelernt ist gelernt, sozusagen, auch wenn es für dich nicht so leicht gewesen ist unter deinem Ziehvater Manfred Köhler.

Heiko Krieg: Dennoch hielten wir den Kontakt gegenseitig aufrecht. Ich hatte während der Zeit bei der Zürich Versicherung ständig fachlichen Kontakt zu ihm, ich konnte ihm auch über die Versicherung Aufträge verschaffen.

Katja Lafferenz: Jetzt bin ich schon gespannt, wann und wie es dann mit deiner Selbständigkeit losging.

Heiko Krieg: Der Startschuss dazu fiel im Jahr 2007, als ich einen Anruf von Manfred Köhler bekam und er mich gefragt hat, ob ich mir generell vorstellen könnte, seine Nachfolge an einem Tag x anzutreten. Sein Sohn käme als Nachfolger leider nicht in Frage. Als erstes habe ich meine Frau Ulrike mit eingebunden, denn ohne grundsätzliche Zustimmung für eine Selbstständigkeit und sie dann in der Buchhaltung, wollte ich das nicht machen. Wir haben das besprochen und geklärt und 2008 bin ich dann eingestiegen als Geschäftsführer. Das war meine Bedingung. Alle Mitarbeiter sollten wissen, wer ich bin und dass ich deren Chef und Vorgesetzen werde und vor allem, dass die Kollegen wussten, es geht weiter.

Katja Lafferenz: Gab es außerdem noch Bedingungen, die dir wichtig waren?

Heiko Krieg: Eine weitere Bedingung war, dass ich die Firma nach fünf Jahren kaufe, zum Eintrittsdatum. Das habe ich mit meinem Steuerberater so besprochen. Das war nur fair. Ich habe einen tollen Job in der Versicherung aufgegeben und er hatte die Sicherheit, dass ich seine Firma übernehme. 

Katja Lafferenz: Da warst du also 2008 wieder, wo im Jahr 1990 mit deinem Praktikum oder nenn es Lehre alles angefangen hatte. Ich nehme mal an, für dich war das dennoch menschlich gesehen mal wieder eine „Gratwanderung“. Ich mag diesen Begriff, den du immer wieder verwendest.

Heiko Krieg: Diese fünf Jahre waren schon eine Herausforderung in vielerlei Hinsicht. Aber wir haben es hinbekommen.

Katja Lafferenz: Du meinst, so wie immer bei dir: Du arbeitest und lieferst immer „ein bissle mehr“, erträgst aber auch oft ein „bissle mehr“.

Heiko Krieg: So habe ich das noch nie gesehen, aber ja, vielleicht. Auf jeden Fall haben wir beide in den fünf Jahren einiges nach vorne bewegt. Im Jahr 2013 hat Manfred Köhler die Firma verlassen, ich habe ihn abgelöst und dann ging es mit allen Mitarbeitern weiter. Allerdings nicht so wie geplant.

Katja Lafferenz: Okay, lass mich raten Heiko – es kommt wieder zu einer neuen Gratwanderung?

Heiko Krieg: So ähnlich Katja. Ganz konkret hat uns bereits einen Monat danach unser langjährige Großkunde SAP gekündigt, um fortan mit dem TÜV weiterzumachen. SAP machte zum damaligen Zeitpunkt etwa 70% unseres Umsatzes aus. Jahrzehntelang hat sich das Büro auf diesen Kunden ausgerichtet. Das war nicht schön. Und ja, eine Gratwanderung – mit akuter Absturzgefahr sozusagen. Offen gesagt war ich nahe dran, alles hinzuwerfen – oder eben durchzuhalten…

Katja Lafferenz: ... wie bisher immer, oder?

Heiko Krieg: Ganz genau, und weiterzumachen mit der neuen Strategie: Wir wollten mit ganz vielen kleinen Kunden den Umsatz machen, den wir mit einem Großkunden gemacht haben. Unser Plan war, es viele, viele, viele kleine Schubladen aufzumachen in mühevoller Kleinarbeit.

Katja Lafferenz: Was ja auch langfristig viel stabiler und krisenresistenter ist.

Heiko Krieg: Es dauert eben seine Zeit, aber das spielte keine Rolle, wir hatten einen Plan und es war der richtige, vor allem war es unserer. Den Mitarbeiterstamm mussten wir verkleinern, aber wir konnten loslegen. Zuerst haben wir unsere Oldtimer-Kunden informiert, dass wir auch andere Leistungen anbieten wie Haftpflicht, Unfälle, technische Sachen. Meine Frau und ich sind in jede Werkstatt rausgefahren, haben die Karten auf den Tisch gelegt und darum gebeten, weiterhin mit uns zusammen zu arbeiten. Das haben wir dann sieben Jahre lang gemacht, mit Erfolg. Wir standen nun finanziell besser da als zu SAP-Zeiten. Besser noch: Wir brauchen keine großen Auftraggeber. Lieber viele dankbare kleinere Kunden.

Katja Lafferenz: Was ist für dich der springende Punkt gewesen, das Erfolgsrezept?

Heiko Krieg: Das Persönliche, das Menschliche. Der persönliche Kontakt, der persönliche Einsatz. Wenn beim Gegenüber das Gefühl da ist: „da möchte ich wieder anrufen, das war gut“. Den Geschädigten auch mit einbinden. Das war ja früher nicht so, das durfte man mit dem Geschädigten nicht sprechen. Und das wollte ich von Anfang an, ich habe das immer gesucht.

Katja Lafferenz: Das ist ein guter Moment, um die Frage zu stellen, ab wann euer Sohn Pierre ins Geschehen eingegriffen hat?

Heiko Krieg: In der Tat haben meine Frau und ich uns zu diesem Zeitpunkt die Frage gestellt, wie und wie lange wir weitermachen wollen, noch fünf bis sieben Jahre erschien uns realistisch. Unsere Idee war, Pierre zu fragen, ob er sich generell vorstellen könnte, ins Unternehmen einzusteigen und konkret die Nachfolge an einem bestimmten Tag x anzutreten. Was wir dann auch gemacht haben.

Katja Lafferenz: Ganz offensichtlich fiel die Antwort positiv aus, Piérre. Wie war das?

Pièrre Krieg: Also kurz zu meiner beruflichen Situation damals: 2019 war das, als meine Eltern mich gefragt haben. Zu dem Zeitpunkt war ich als Maschinenbau-Ingenieur seit Jahren in einem Konstruktionsbüro angestellt. Ich habe dort erst als Ferienjobber, dann als Praktikant angefangen, dann wurde dort extra für mich ein berufsbegleitendes duales Studium zum Bachelor gestartet, dass es davor nicht gegeben hat. Daraufhin habe ich mich noch dafür entscheiden, ein weiteres berufsbegleitendes Studium zum Master dranzuhängen. Auch dort stand eventuell die Möglichkeit im Raum, dass ich diese Firma hätte, einmal übernehmen können.

Trotz dieser Verbundenheit und Perspektiven hatte ich Lust auf den Vorschlag meiner Eltern einzugehen. Nicht zuletzt auch, weil der Arbeitsalltag in einem Sachverständigenbüro wesentlich mehr und abwechslungsreichere Facetten zu bieten hatte, das muss ich ehrlicherweise sagen.

Und so haben wir das innerhalb der Familien besprochen und entscheiden und daraufhin mit meinen damaligen Chefs geklärt. Es sollte ein von langer Hand geplanter und langsamer Übergang stattfinden. Damit waren alle einverstanden. Nicht zuletzt hatte auch meine Frau ein Wort mitzureden, dann es betraf ja auch sie, ähnlich wie das bei meinem Vater und meiner Mutter damals gewesen ist, als sie sich für die Selbständigkeit entschieden haben. 2020 habe ich dann bei der noch Manfred Köhler GmbH angefangen.

Katja Lafferenz: Das hört sich nach einer harmonischen Lösung an, zumindest für euch als Familienbetrieb. Für deine damaligen Chefs im Konstruktionsbüro war es bestimmt nicht ganz so ideal, oder?

Pièrre Krieg: In der Tat, da sprichst du ein wichtiges Thema an. Auch in diesem Fall gab es als mögliche Nachfolger eigene Kinder, die aber bis dato noch kein Interesse zeigten. Also ähnlich, wie das bei meinem Vater damals war, als er bei Manfred Köhler die Nachfolge angetreten hat, anstelle seiner eigenen Kinder, die ebenfalls nicht wollten oder dafür in Frage gekommen sind. Mit den damaligen Chefs habe ich aber offen dann darüber gesprochen, wie mein weiterer Weg aussieht und mit denen alles einverständlich geklärt. So war es für beide Seiten am besten.

Katja Lafferenz: Wie war dann der Einstieg – konnte dein Vater gut loslassen? Welche Verantwortungsbereiche hattest du übertragen bekommen?

Pièrre Krieg: Naja, im Konstruktionsbüro habe ich Fahrzeugbauteile mitentwickelt. Jetzt war es so, dass ich mit verunfallten Fahrzeugen zu tun hatte. Also eine ähnliche Materie, aber aus vollkommen neuen und unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Daher musste ich natürlich erst einmal gründlich eingearbeitet werden. Zum anderen war da noch die Coronazeit, mit gewissen Einschränkungen, was normale Besuche in anderen Büros oder in Werkstätten real nicht möglich machte, so wie man praktischerweise anfangen würde beim Einlernen.

Statt bei A anzufangen, mussten wir bei Z beginnen. Ich habe mich an die Versen der Sachverständigen geheftet, war die ganze Zeit mit ihnen unterwegs, habe mich so eingearbeitet und konnte somit die nötigen Erfahrungen sammeln. Außerdem habe ich, wie mein Vater, meine Grundausbildung bei der GFU Verkehrsmesstechnik Unfallanalytik Akademie für Bildung und Beratung im Saarland absolviert, ebenfalls unter Harald Löw, nur eben nicht am Stück, sondern von Donnerstag bis Samstag. Von den Kollegen habe ich ebenfalls sehr viel an Wissen mitbekommen. Außerdem ist mein Vater ja ein ausgewiesener Experte, was die fundierte und praxisorientierte Einarbeitung angeht.

Katja Lafferenz: Du meinst „hart, aber herzlich“?

Pièrre Krieg: Definitiv Katja. Besser gehts nicht würde ich sagen. Da hatte ich wirklich Glück und dafür bin ich sehr dankbar. Das Teilen von Verantwortung und die offene, direkte und transparente Kommunikation lief ganz bestimmt besser als bei meinem Vater seiner Einarbeitung als Sachverständiger damals.

Katja Lafferenz: Das kam sicherlich auch der Stimmung und der Motivation im Team zugute?

Pièrre Krieg: Dem würde ich zustimmen. Alle sollten wissen, wo sie dran sind. Das war meinem Vater immer wichtig, und das ist auch für mich entscheidend, damit alle an einem Strang ziehen und gerne zur Arbeit kommen. Jeder wusste Bescheid, dass ich einsteige, wann ich komme und in welcher Funktion. Die Personalverantwortung kam dann nach und nach.

Heiko Krieg: Ich habe sehr schnell gesehen, dass Pierre der richtige ist für diesen Beruf, dass er „abgeht“, ohne dass ich da groß anschieben muss. Das hat vieles einfacher gemacht, nicht zuletzt, das Loslassen von Verantwortung und von der Art und Weise, wie ich jahrzehntelang gearbeitet habe. Nun kommt eine neue Generation, die ihren eigenen Weg beschreiten will und das auch tut.

Katja Lafferenz: Kommen wir auf die Namensänderung eures Büros zu sprechen. Wann habt dieses Thema angepackt? Denn als wir uns kennengelernt haben, 2022 beim ZAK in Halle, da wart ihr euch noch nicht so sicher, ob ihr den Namen ändern wollt, weil das ja alles nicht so einfach ist.

Heiko Krieg: Dazu muss man wissen: Wir hatten das Thema Namensänderung schon Jahre im Hinterkopf, vor allem bei meiner Frau war das so. Um es kurz zu machen, wollten wir das Thema Manfred Köhler und diese Zeit für uns abgeschlossen wissen und in eine neue Zeit starten – unsere eigene. Und das geht nun mal nicht so gut, wenn der Name noch der alte ist. Strategisch konnten und wollten wir damit noch einige Jahre punkten, denn der Name ist gerade im Raum Walldorf ein Begriff und Türöffner seit 1974. Wir haben das Büro 2013 übernommen und sind zehn Jahre lang damit gut gefahren. An einer Namensänderung hängt natürlich ein Rattenschwanz dran, das ist auch klar. Doch Anfang 2023 war die Zeit reif und seit Jahresbeginn handeln wir unter GutAchter Team Krieg GmbH.

Pièrre Krieg: Und als ich mit einsteigen sollte, war die Namensänderung eine Bedingung meiner Mutter. Auch, dass ich alles innerhalb eines bestimmten Zeitraums umsetze. Das habe ich dann angepackt. Die mediale Umsetzung erfolgte zusammen mit einem jungen externen Grafikbüro (https://www.magmell.de/).

Heiko Krieg: Piérre hat alles in die Hand genommen und mir und meiner Frau da fast komplett den Rücken freigehalten. Wir hatten lediglich bestimmte Entscheidungen zu treffen. In dieser Sache habe ich gemerkt, dass ich Verantwortung extrem loslassen kann, obwohl ich persönlich ja noch gar nicht so sehr bereit dafür gewesen bin. Ich habe sogar nachts davon geträumt, dass uns nach der Namenumstellung kein einziger Kunde mehr angerufen hat und kein einziger Auftrag mehr reinkommt. Im Nachhinein hat sich das Alles als Traum herausgestellt. Alles hat sich in der Realität gefügt. Piérre hat das super umgesetzt mit seinen Leuten – und alles parallel zum Tagesgeschäft.

Pièrre Krieg: Ich hatte das neue Konzept offen gesagt auch schon einige Zeit im Hinterkopf, das machte es einfacher.

Katja Lafferenz: Apropos Neuerungen, was ist denn noch so alles neu gemacht worden durch deinen Einstieg?

Heiko Krieg: Vieles was neu hinzugekommen ist, hängt wie gesagt unmittelbar zusammen mit den Eigenschaften die Pierre für diesen Beruf und den Geschäftsalltag mitbringt. Wie er Dinge anpackt und Lösungen anstrebt. Zum Beispiel auch wie er mit den jüngeren Leuten in den Werkstätten zusammenarbeitet, kommuniziert – da bin ich inzwischen komplett außen vor. Wunderbar.

Katja Lafferenz: Verstehe ich richtig – in den Werkstätten ist inzwischen auch eine neue Generation von Unternehmern und Mitarbeitern in der Verantwortung?

Heiko Krieg: Teilweise ja, da sind die Jungen in der Verantwortung, der Senior hält sich eher im Hintergrund.

Katja Lafferenz: Sind bei euch auch neue Mitarbeiter eingestellt worden seit dem Einstieg oder arbeitet ihr mit dem Bestand?

Heiko Krieg: Wir arbeiten nach wie vor mit dem vorhandenen, jahrelang bewährten achtköpfigen Gutachterteam. Fünf Techniker und drei Frauen.

Pièrre Krieg: Ansonsten ist als Neuerung vor allem die Digitalisierung von bisherigen Abläufen zu nennen, sofern es uns Zeit und Arbeit einspart. Ein gutes Beispiel dafür ist die Terminplanung, die jahrzehntelang im Terminbuch, dem sogenannten „Ärztebuch“ händisch in den Kalender eingetragen wurde, mit dem ganzen Spalten, dem Blättern und Ausradieren, man kennt es. Ich meinte dann nur mal, dass es auch so etwas wie Outlook gibt. Eine Zeitlang wurde dann noch zweigleisig gefahren mit dem Terminbuch in der Hinterhand als „Absichern“ zum digitalen Kalender, inzwischen ist das Terminbuch aber Geschichte und niemand möchte den digitalen Kalender mehr missen. Es ist einfach für alle transparenter und schneller individuell einsehbar und verfügbar. Außerdem haben wir damit begonnen, Dokumente einzuscannen.

Heiko Krieg: Was wir auch noch eingeführt haben – Stichwort Corona – ist die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Das wurde mir bereits früh klar 2020, dass wir das – zusammen mit unserem EDV-Dienstleister umsetzen und bereitstellen müssen. Jeder kann orts- und zeitunabhängig Gutachten fertigmachen auf seinem Rechner. Lediglich die Besichtigung vor Ort muss noch real erfolgen. Allerdings erkennen wir, wie wichtig das reale Zusammenkommen in der Firma unseren Mitarbeitern ist.

Katja Lafferenz: Gutes Stichwort Piérre, darf ich euch fragen, mit welchen CombiProdukten ihr in euerem Geschäftsalltag arbeitet?

Pièrre Krieg: Wir arbeiten mit CombiPlus Professional und das schon sehr lange.

Heiko Krieg: Dazu sag ich nur: Manfred Köhler hat irgendwann einmal einem gewissen Stefan Grimm zu einem Praktikum verholfen bei einem Rechtsanwalt in Walldorf.

Katja Lafferenz: Ja ich erinnere mich, das kam in einem großen Interview mit den Gebrüdern Grimm auch zur Sprache. Das Praktikum hat Bodo Grimm noch eingefädelt im Rahmen der Einarbeitung von Stefan Grimm bei CombiPlus. Auch Stefan hatte einige Stufen zu erklimmen, und gewisse Stationen auf dem Weg zur Nachfolge von seinem Vater zu bewältigen, ebenso natürlich, wie sein Bruder Sebastian Grimm bei Combi-Connect.

Heiko Krieg: Manfred Köhler und Bodo Grimm haben sich gut gekannt. Entsprechend lange sind wir auch schon CombiPlus als Kunde verbunden. Wir waren bestimmt einer der ersten Kunden, nehme ich an. Wir sind da auch höchst zufrieden mit dem CombiPlus Professional sowie mit der Combi-Betreuung durch Maren Sundermeyer und Christian Schmidt und dem gesamten CombiSupport.

Katja Lafferenz: Was möchtet ihr Unternehmern mit auf den Weg geben, die das Thema Nachfolge anpacken und umsetzen wollen oder müssen?

Pièrre Krieg: Das Wichtigste überhaupt ist aus meiner Sicht, dass die Kommunikation und die Zusammenarbeit mit dem Vater bzw. den Eltern klappt. Sonst wird das aus meiner Sicht nicht funktionieren.

Katja Lafferenz: Wie siehst du das Heiko?

Heiko Krieg: Meine Generation sollte einfach die Chance erkennen, dass mit unseren Kindern eine neue Generation nachrückt mit eigenen Ideen und Vorstellungen, die das machen können und wollen. Sie müssen und sollten auch nicht mehr zwangsläufig ins kalte Wasser springen – so wie ich das noch machen musste, oder noch härter, die Nachkriegsgeneration von Manfred Köhler.

Katja Lafferenz: Das kannst du Heiko?

Heiko Krieg: Bedingt kann ich das schon. Meine Erfahrung und Menschenkenntnis kommen mir da zugute. Piérre ist als Geschäftsführer gleichberechtigt wie ich, allerdings bin ich nach wie vor der alleinige Gesellschafter. Meine Frau Uli hat noch Prokura, im Falle, dass uns beiden etwas passieren sollte. Und selbst sie könnte mit der Unterstützung unseres tollen Teams unser Sachverständigenbüro weiterführen.

Katja Lafferenz: Hattet ihr für den Prozess in den letzten Jahren denn auch externe Beratung und Begleitung?

Pièrre Krieg: Wir haben zwei vorzügliche und empfehlenswerte Förderprogramme in Anspruch genommen, beide im Rahmen der europäischen Förderung für mittelständische Unternehmen. Zum einen ein Programm namens „Unternehmenswert Mensch“ das andere Programm hieß „Gestärkt aus der Krise“.

Katja Lafferenz: Das Förderprogramm „Unternehmenswert Mensch“ habe ich vor einigen Jahren auch bei meinem damaligen Arbeitgeber kennen- und schätzen gelernt. Tolle Sache.

Heiko Krieg: Absolut. Ein weiteres Programm ist aktuell und wir haben es in Eigeninitiative aufgesetzt und vielmehr kam hier der Impuls auch mal wieder von Stefan Grimm. Dabei gehts es darum, andere Mitbewerber-Sachverständigenbüros aus der näheren Umgebung von uns unsere Hilfe anzubieten, falls die Firma nicht mehr ihrer Tätigkeit nachkommen kann, sei es durch eine nicht vorhandene Nachfolgeregelung oder warum auch immer. Ziel ist es, als regionale Nachbarunternehmen im Fall der Fälle die Qualität für deren Kunden aufrechtzuerhalten und einen „fließenden“ Übergang zu gewährleisten. Wir wollen damit auch für eine Vielfalt im Markt und der Region eintreten, damit nicht noch mehr Kunden an die beiden großen bekannten Platzhirsche abwandern müssen. Wir verhandeln da konkret aktuell mit einem Büro, das demnächst aufhört. Ein sehr spannendes Projekt.

Katja Lafferenz: Das klingt richtig gut. Denkt ihr also, die menschliche, respektvolle Seite sollte im Geschäftsleben und -alltag ebenso berücksichtigt werden wie der unternehmerische Blick, könnte man das so sagen?

Heiko Krieg: Ja, die Menschlichkeit und Fairness bleibt heutzutage so oft auf der Strecke, da gehts oftmals nur um Zahlen und Gewinne und was weiß ich. Ich bin beispielsweise mit allen TÜV-Kollegen, denen man auch draußen begegnet per Du. Es kann immer wieder vorkommen, dass er von mir oder ich von ihm ein Gutachten auf dem Tisch habe. Es wird dann aber nie so sein, dass ich eine Stellungnahme zu einem Schadenfall abgebe, ohne ihn zu kontaktieren, um ihm die Möglichkeit zu geben, seine Sichtweise zu äußeren. Diese Fairness kommt zurück, das ist einfach meine Erfahrung, obwohl wir ja eigentlich Konkurrenten sind, ebenso wie die Leute von der DEKRA. Aber ruckzuck braucht man mal etwas und dann schließt sich der Kreis. So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

Katja Lafferenz: Du meinst eher, so wie man in die Werkstatt hineinruft, so schallt es heraus.

Heiko Krieg: Ja genau. Heutzutage geht es allzu oft nur um große Summen und monetäre Vorteile am Ende des Jahres. Da können wir mit den großen Mitbewerbern nicht mitziehen und wollen das auch gar nicht. Wir können nur mit Qualität, Flexibilität und Menschlichkeit bestehen. Und das sage ich meinen Leuten immer wieder. Macht immer ein bissle mehr als andere. Beispielsweise auch öfter mal fragen: „Wie gehts dir eigentlich?“.

Katja Lafferenz: Diese Frage greife ich gerne auf Heiko, um zu meiner Schlussfrage überzuleiten. Also mir geht es nach unserem heutigen Gespräch sehr gut. Ich fand es sensationell mit euch so offen und ausführlich zu sprechen. Meine letzte Frage an euch, die gerne spontan beantwortet werden darf: Was möchtet ihr der Sachverständigenwelt schon immer mal gerne sagen?

Heiko Krieg: Wer als Sachverständiger in die Situation einer Firmenübergabe und -nachfolge oder auch einer Namensänderung kommt – der sollte sich ausreichend Zeit nehmen und die Übergabe gut planen. Man sollte das Vorhaben strukturiert angehen. Außerdem sollte es dabei nicht nur vorrangig um Geld gehen, im Sinne von „Ich verkaufe alles an den Meistbietenden XY“. Wenn die Nachfolge familienintern geregelt werden kann, wie aktuell bei uns, ist das sicher ideal. Doch auch mit externen Nachfolgern ist eine sehr gute Lösung möglich, wie mein eigenes Beispiel mit Manfred Köhler verdeutlicht hat. Das Vertrauen darauf, dass es innerhalb einer guten Struktur und einer angemessenen Zeitschiene funktionieren kann, ist entscheidend.

Katja Lafferenz: Kennst du persönlich jemanden, der sich gerade in dieser Situation befindet?

Heiko Krieg: Ja, und er hat sich mit mir auch schon darüber unterhalten. Sein Sohn befindet sich momentan in der Findungsphase. Sehr spannend.

Pièrre Krieg: Dem kann ich nur zustimmen, was mein Vater gesagt hat. Mein Anliegen an Kfz-Gutachter ist eher allgemeiner Natur und bezieht sich darauf, dass der Sachverständigenberuf leider nicht geschützt ist. Jeder kann sich Sachverständiger nennen. Wir heben uns da durch unsere Zertifizierungen ab. Also das wäre mein Anliegen an alle, die diesen fantastischen Beruf gerne und noch lange ausüben wollen: Qualifiziert euch, damit die Qualität stimmt.

Katja Lafferenz: Da gehe ich beide Male voll mit, das unterstütze ich auch. Ich danke euch für eure Zeit und den offenen und höchst interessanten Austausch. Es war auch eine Zeitreise in die Anfangszeit des Sachverständigenwesens und gleichzeitig ein hoffnungsvoller Ausblick in die Zukunft.

Apropos Zukunft: Zum Schluss nach etwas in eigener Sache. Nicht nur wegen unseres heutigen Schwerpunkts hier im Gespräch – „Firmenübergabe/-nachfolgeregelung“ – verweise ich auf unser neues Schadenmanagement-Event am 15. September 2023 in Essen „CombiBildungsBuffet“. Dieses und viele weitere Themen aus dem Geschäftsalltag von Kfz-Sachverständigen gibt es dort in Workshops, Vorträgen auf der Bühne etc. praxisnah zu erleben.

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